Lektion 3: Wissenschaftlicher Hintergrund
Neben dem Belastungs-Beanspruchungs-Modell, auf das wir in diesem Kapitel genauer eingehen werden, möchten wir dir im Folgenden noch 2 weitere Theorien kurz skizzieren. Diese sind Grundlage des Belastungs-Beanspruchungs-Modells und sie zu verstehen hilft dir dabei, ein Gesamtverständnis für dieses Thema zu entwickeln.
1. „JDC Modell“ (Job Demand-Control)
Übersetzt bedeutet es „Anforderungs-Kontroll-Modell“. Es wurde 1990 von Karasek und Theorell veröffentlicht. Das Modell erklärt die Entstehung von positiver und negativer Beanspruchung durch das Zusammenspiel von Arbeitsanforderungen („job demands“) und Entscheidungsspielraum. (decision latitude“).
Den Faktor „Arbeitsanforderung“ kann man mit den psychischen Arbeitsbelastungen gleichsetzen. Das bedeutet, diese wirken auf die betroffene Person und zwingen sie zu einer „Reaktion“. Anschließend kommt der Entscheidungsspielraum bzw. die Kontrolle ins Spiel. Die Ausprägung entscheidet darüber, ob die Anforderungen zu einer positiven Beanspruchung, also einer Förderung, oder einer Fehlbeanspruchung führen.
Beispielsweise bei steigender psychischer Arbeitsanforderung und gleichzeitig abnehmender Kontrolle darüber, wie mit der Anforderung umgegangen werden kann, zeigt sich die dysfunktionale Beanspruchung stark erhöht. Diese Tätigkeiten nennt man „hoch beanspruchende Tätigkeiten“ (engl. „high strain jobs“). Diese können langfristig zu gesundheitlichen Einschränkungen führen.
Aber nicht nur das stellt eine dysfunktionale Beanspruchung dar. Auch bei niedrigen Anforderungen und niedrigem Entscheidungsspielraum oder bei niedrigem Anforderungscharakter und hohem Entscheidungsspielraum („niedrig beanspruchende Tätigkeiten“) liegt dieser Fall vor und führt zu Monotonie und Kompetenzabbau.
Kurz gefasst
Im Kern dieses Modells geht es um das Maß an Kontrolle, über welches die Mitarbeiter verfügen. Durch diese „Stellschraube“ können nach Meinung der Forscher die Auswirkungen auf den Menschen in einer solchen Situation gesteuert und optimiert werden.
Die Kontrolle allein ist jedoch kein ausreichender Faktor für die Beeinflussung bzw. Steuerung der Beanspruchung. Aber sie leistet einen großen Beitrag dazu, das Verständnis für die positive und negative Beanspruchung und deren Entstehung durch das Zusammenwirken von verschiedenen Faktoren zu fördern.
2. Die Cognitive Load Theory
Um die kognitive Komponente der Belastung und Beanspruchung beim Lernen näher zu beleuchten, eignet sich dieses Modell sehr gut. Es wurde von John Sweller und Paul Chandler aufgestellt. Im Kern geht das Modell davon aus, dass jeder Mitarbeiter nur über ein begrenztes „Arbeitsgedächtnis“ verfügt. Und darauf wirken 3 unterschiedliche Belastungsarten:
- Lernbezogen-kognitiv,
- extrinsisch-kognitiv und
- intrinsisch-kognitiv
Die Cognitive Load Theory besagt, dass ein Mensch nur ein begrenztes Arbeitsgedächtnis hat.
Das Bild zeigt die 3 Belastungsarten, die auf das begrenzte Arbeitsgedächtnis des Mitarbeiters einwirkten. Diese werden im nachfolgenden genauer erklärt. Schau dir dazu einfach die 3 Karten:
Lernbezogene kognitive Belastung
Hierunter versteht man den Aufwand, Lerninhalte zu verstehen. Es geht um die Fähigkeit, bekannte Muster zu aktivieren oder neue aufzubauen. Das ist nach Sweller eine positive Belastung. Daher sollte diese gefördert werden und einen großen Teil der Ressourcen beanspruchen.
Extrinsische kognitive Belastung
Dies bezieht sich auf die Darstellung und Gestaltung des Lernmaterials. Die Forscher sprechen hier von einer negativen Belastung. Das Lernmaterial muss daher immer so strukturiert und aufbereitet sein, dass die Belastung dadurch reduziert werden kann.
Intrinsische kognitive Belastung
Dies bezieht sich auf die Darstellung und Gestaltung des Lernmaterials. Die Forscher sprechen hier von einer negativen Belastung. Das Lernmaterial muss daher immer so strukturiert und aufbereitet sein, dass die Belastung dadurch reduziert werden kann.
„Auch wenn es bei diesen 2 Theorien nicht direkt um Arbeitsprozesse geht, kann die deren Verständnis später im Arbeitsalltag helfen. Denn sie richten den Blick auf die kognitiven Beanspruchungen und verdeutlichen das Zusammenspiel von der Komplexität einer Aufgabe und den individuellen Leistungsvoraussetzungen. Das hilft dir später dabei, die individuellen Grenzen von Mitarbeitern zu verstehen.“
Alle Modelle – und es gibt noch einige mehr – haben im Kern eine gemeinsame Richtung und Aussage. Sie stellen heraus, dass Arbeit, in welcher Form auch immer, sowohl gesundheitsfördernd als auch -beeinträchtigend sein kann. Arbeit ermöglicht, soziale Kontakte aufzubauen oder zu vertiefen, fördert die eigene Entwicklung und trägt so zu einem großen Teil dazu bei, dass wir sind, wer wir sind. Aber Arbeit ist auch anstrengend und verbraucht Energie, kostet viel Zeit und ist auch mit einem gewissen Risiko verbunden.
Klar ist, dass jeder Einzelne eine unterschiedliche Komfortzone hat, es also einen sehr unterschiedlichen Bereich der Belastung gibt, der uns guttut. Dieser hängt vom Gleichgewicht zwischen den psychischen Arbeitsbelastungen, den individuellen Leistungsvoraussetzungen und den Bewältigungs-Kompetenzen ab.
Alle diese Modelle zeigen auch, dass es mit einer Reduzierung der Beanspruchung noch nicht getan ist. Denn das ist wenig förderlich. Viel wichtiger ist es daher, die Fähigkeiten des Mitarbeiters zu stärken. Das gelingt indem ein herausforderndes Umfeld und eine angenehme Arbeitssituation generiert wird und beides, soweit möglich, individuell angepasst wird.